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(Rika Schneider) Kaum haben die Augen des Fohlens das Licht der Welt erblickt, wird der kleine Vierbeiner von seiner Umgebung beeinflusst. Diese ersten Momente prägen ihn für die Zukunft. Die Methoden des Tierarztes Dr. Robert M. Miller, der Fohlen direkt nach der Geburt durch Abreiben desensibilisiert, sind umstritten: Einige Stimmen warnen vor Folgeschäden bei unsachgemäßer Ausführung oder raten komplett davon ab.

Noch ist der kleine Vierbeiner durch die Nabelschnur mit seiner Mutter verbunden. Die Stute bewegt sich und die Schnur bricht an der dafür vorgesehenen Stelle nahe am Fohlenkörper. Nass und schwach liegt das neue, kleine Pferd da. Zum ersten mal atmet es kräftig. Nun ist es ganz auf sich selbst gestellt. Seine wichtigste Sinneswahrnehmung in den ersten Lebensstunden ist das Sehen.

Wie in dem Film "Amie und die Wildgänse", in dem ein Mensch in die Rolle der Gänsemutter schlüpft, können auch Fohlen - vor allem in den ersten zwei Lebensstunden - vom Menschen beeinflusst werden. Seine ersten Eindrücke - positiv oder negativ - bleiben dem Tier ein Leben lang erhalten. Diese Erkenntnis gepaart mit seinen eigenen Erfahrungen hat sich der amerikanische Tierarzt Dr. Robert M. Miller zu Nutze gemacht. Seit den 70er Jahren beschäftigt er sich mit dem Verhalten und Lernmuster von Fohlen und entwickelte aus seinen Beobachtungen heraus die "Imprinting-Methode", die in einer äußerst sensiblen Lebensphase des Pferdes angewandt wird: Direkt nach der Geburt. Seine Hauptziele sind: 1. Bindung an den Menschen, 2. Desensibilisierung gegenüber bestimmten Reizen, 3. Sensibilisierung gegenüber anderen Reizen und 4. Untergebenheit dem Menschen gegenüber.

Unter Desensibilisierung versteht Dr. Miller den Prozess, bei dem die natürliche Angstreaktion eines Pferdes gegenüber fremden Reizen ausgeschaltet wird. Jede Tierart hat ein Überlebensnotverhalten entwickelt: Wölfe nutzen Ihre Zähne, die Klapperschlange ihren Schwanz, Rinder, Yaks oder Bisons ihre Hörner und üben ihre Verteidigungstaktik schon in jungen Jahren durch Köpfe drücken. Junge Pferde galoppieren um die Wette, ihr wichtigstes Überlebensverhalten ist das Laufen, Flucht. Die Anatomie des Pfedes macht es zur Rennmaschine. Warum kann man Pferde so gut desensibilisieren, sie in Boxen halten und reiten? Weil sie gut an Sinnesreize gewöhnt werden können. Der von Dr. Miller erläuterte Gewöhnungsprozess, kann in jedem Alter statfinden, traditionell aber meist im Alter von zwei oder drei Jahren. Bei jungen Fohlen kann er schon in einigen Minuten, sogar Sekunden ablaufen. Die Desensibilisierung auf den Reiz ist permanent, vorausgesetzt sie wird beim nächsten mal genauso gemacht.

 

Prägung definiert der Amerikaner in seinem Buch als Lernprozess, der kurz nach der Geburt einsetzt und in dem spätere Verhaltensmuster festgelegt werden. Praktisch gesehen sieht das so aus: Unter der Voraussetzung, sich nicht zwischen Stute und Fohlen zu drängen, beginnt er schon in den ersten Minuten nach der Nabelbehandlung mit dem Abtrocknen des Neugeborenen. Stute und Fohlen sollen sich beschnuppern, denn Dr. Miller will nicht die Rolle der Mutterstute einnimmt, sondern die eines Herdenmitgliedes. Das Fohlen soll aber die ganze Zeit liegen bleiben. Will es aufstehen wird es von Dr. Miller daran gehindert, es soll sich dem Menschen unterwerfen. Durch Abreiben oder Streicheln - mit oder ohne Tüte oder Tuch - soll das junge Pferd nun lernen, die Berühungen des Menschen zu akzeptieren. Dr. Miller bereitet die Fohlen aufs Hufe geben, Halfter tragen, tierärztliche Untersuchungen und auf das gesattelt werden vor. Natürlich sattelt er die Kleinen nicht.
Nur durch die Berührungen in der Bauchgegend, im Maul oder unter der Schweifrübe, den sie solange erfahren, bis sie sich nicht mehr dagegen wehren, werden die Fohlen darauf vorbereitet. Der Tierarzt rät: Erst wenn das Fohlen die gewünschte Reaktion zeigt, kann man mit der Übungsphase aufhören und zum nächsten Körperteil übergehen. Also erst, wenn es sich willig abreiben lässt, ist die Übung zu Ende. Würde man mit dem Streicheln aufhören, während es sich wehrt, wäre der Lerneffekt, der ja langfristig anhält, genau gegenteilig. Es würde auf Wiedersetzlichkeit geprägt werden. Und genau hier sehen viele Kritiker das Problem: Der Schaden, der durch Fehlprägung verursacht werden kann - denn nur wenige Menschen haben eine langjährige Erfahrung mit Imprinting und sind zudem noch Tierarzt - ist zu groß, als das man nach einem Buch oder Video eine für sich neue Methode an einem Fohlen ausprobieren kann. Soziales Fehlverhalten in der Herde sowie aggressive oder abnormale Verhaltensweisen dem Mensch gegenüber könnten die Folgen von falschem Imprinting sein.

Es gibt noch keine Studien über die Auswirkungen, die Prägungs-Training langfristig auf Pferde haben kann. Fohlen haben noch keine schlechten Angewohnheiten. Sie reagieren rein istinktiv und sind noch unverdorben was Erlebnisse mit dem Menschen angeht. Das verhalten und die zukünftigen Raktionen des Neuankömmling liegen in den Händen des Züchters. Mit einem Fohlen sollte behutsam, artgerecht, gewissenhaft und sensibel umgegangen werden, um ihnen den Einstieg in die Welt der Zweibeiner so leicht wie möglich zu machen.
Rika Schneider

KRITISCHE STIMMEN ZUM PRÄGUNGS-TRAINING:
Dr. Dirk Lebelt, Fachtierarzt für Vehaltenskunde:
Ich sehe Imprinting sehr kritisch: Grundsätzlich muss man sagen, dass der Begriff Prägung für die Anwendungen von Dr. Robert Miller nicht korrekt gewählt wurde. Ein Fohlen wird schon durch die einfache Anwesenheit eines Menschen auf ihn geprägt beziehungsweise teilgeprägt. Was in dem Buch des Amerikaners aber beschrieben wird ist eine Desensibilisierung auf Berührungen des Menschen. Ich habe Dr. Miller kennengelernt und glaube durchaus, dass er Fohlen in den ersten Stunden positiv prägt oder desensibilisiert, ohne das Verhältnis zwischen Fohlen und Mutterstute zu stören. Er beschäftigt sich aber schon seit den 70er Jahren mit diesem Thema und ist erfahren. Große Gefahr für das zukünftige Sozialverhalten des Fohlens sehe ich aber bei unsachgemäßer Ausführung. Jemand, der Imprinting nach dem Buch ausführt, kann mehr kaputt als gut machen. Wenn man ein Fohlen gegenüber Reizen desensibilisieren möchte, dann kann man das auch noch ab dem zweiten oder dritten Lebenstag machen, dann ist das Risiko es langfristig falsch zu prägen nicht mehr so groß. Fohlen können spielerisch ans Hufe geben herangeführt werden. Es muss nicht unbedingt in den ersten Stunden an alles gewöhnt werden, auch wenn in unserer Gesellschaft eine schnelle Lösung gern gesehen wird. Man sollte sich Zeit nehmen und das Kleine peu a peu an uns Menschen und unsere Ansprüche gewöhnen. Fohlen, die von Geburt an sehr stark auf Menschen fixiert sind, integrieren sich oft schwer in eine Pferdeherde. Imprinting ist in der Szene sehr umstritten: Es gibt noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen über Spätfolgen eines Imprinting-geprägten Fohlens. Ein Projekt dieser Richtung wurde in den USA angedacht, aber wegen des enormen Aufwands noch nicht durchgeführt. Ich würde immer von Imrpinting abraten. Mit Liebe, Geduld und Verstand kann man ein Fohlen auch über einen längeren Zeitraum an den Zweibeiner gewöhnen.

Westerntrainer und Quarter Horses-Züchter Peter Kreinberg:
Wie bei allen Methoden und Techniken bestimmt auch beim Prägungs-Training die Anwendung das Ergebnis. Nur die korrekte Umsetzung lässt ein Fohlen positiv reagieren. Laien sollten "Imprinting" bei Neugeborenen grundsätzlich nicht anwenden, sondern es zunächst bei erfahrenen Kennern lernen. Ein Buch kann immer falsch interpretiert werden und bei einer sensiblen Sache, wie der Prägung eines Fohlens, sind die Auswirkungen immens: Psychische Störungen und aggressive Reaktionen des Tieres können die Folge sein. Imprinting ist nicht neu, in der Westernreitszene profitieren Züchter seit Jahren von diesem Wissen. Ich präge meine neugeborenen Fohlen nach den Techniken von Dr. Robert M. Miller. Sie reagieren schon früh positiv auf Berührungen des Menschen und erfahren einen angenehmen Umgang mit den Zweibeinern. Prägungs-Training erleichtert dem Pferd das Zusammensein mit dem Menschen von der ersten Stunde an. Hobby-Züchter oder Laien, die noch keine Möglichkeit hatten die Prägung eines Fohlens durch einen Könner zu erlernen, können die Imprinting-Übungen ab Fohlen-Woche zwei umsetzen: Hufe geben, Führen, Weichen oder Anbinden wird dort in Kurzübungen erläutert. Wichtig: Ein Fohlen ist kein Experimentierobjekt, mit Imprinting sollte sehr gewissenhaft umgegangen werden.

Eberhard Schulte-Böcker, Rheinländischer Züchter: Ich habe von "Imprinting" noch nicht gehört, habe aber im Laufe der Jahre die Erfahrung gemacht, dass es sehr wohl einen Unterschied macht, ob man Fohlen nach der Geburt mit einem Handtuch abreibt oder nicht. Bei einer braven Zuchtstute trockne ich - nach der Versorgung des Nabels - das Neugeborene zärtlich am ganzen Körper ab. Diese Fohlen sind zugänglicher als die, die auf der Weide geboren werden und in den ersten Stunden keinen menschlichen Kontakt erfahren.

Dr. Barbara Schöning, Fachtierärztin für Verhaltenskunde und Tierschutz:
Bei den Übungen, die Dr. Robert M. Miller in seinem Buch erläutert, geht es um eine sogenannte Reizüberflutungstherapie (auch Flooding genannt). Sie ist, angewandt bei neugeborenen Pferden, äußerst gefährlich. Langfristig kann diese Vorgehensweise Verhaltensstörungen bei Pferden verursachen, da das Tier durch einen Angstreiz lernt. Der Begriff Prägung wird im Fall von Imprinting nicht richtig verwendet. Prägung ist die genetische Vorgabe in einem Tier, dass es in bestimmter Form reagieren soll (sich an das erste Objekt hängen, das es nach der Geburt sieht). Als Prägung kann man jedoch nicht das Abreiben des Fohlenkörpers, bis es das akzeptiert, bezeichen - dies fällt nämlich unter die Reizkonfrontationstherapie. Fohlen können auch langsam durch positive Erlebnisse an Berührungen gewöhnt werden. Ich sehe keinen Grund dafür, warum dies direkt nach der Geburt geschehen sollte.

Text ©Rika Schneider

 

 

Quelle Rika Schneider

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